In Deutschland herrscht Ausbildungsnotstand. Jugendliche quetschen sich in Hochschulen und Universitäten, während Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt bleiben. Ist das gerechtfertigt? Im Gespräch mit Dachdeckermeister Pierre Hoffbauer von ASDACH entdecken wir die Vielfältigkeit seines Berufs.
Der Beruf des Dachdeckers
Früh am Morgen, wenn sich die meisten Deutschen fürs Büro fertig machen, geht es für Pierre Hoffbauer auf große Fahrt. Der 46-jährige Dachdeckermeister aus Leipzig packt seinen Dienstwagen für den heutigen Einsatzort, ein Wohnhaus im Burgenlandkreis. Dass man viel unterwegs und draußen ist, gehört zum Dachdecker-Beruf. Auch nach 18 Jahren als Dachdeckermeister kann Hoffbauer seinem Job daher eine Menge abgewinnen: Besonders schätze er den hohen Anspruch an Qualität und die Vielfalt der Aufgabengebiete, sagt er im Interview.
Dachdecker: Von der mittelalterlichen Zunft zum Solarenergie-Experten
Vielfältig ist der Beruf des Dachdeckers schon allein durch seine wechselhafte Geschichte. Schon seit dem 13. Jahrhundert existieren die Dachdecker als eingetragene Zunft. Die Embleme des Zunftzeichens, Schieferhammer und Zirkel, sind auch heute noch fester Bestandteil des Alltags als Dachdecker.
Traditionell befasst den Dachdecker alles, was unsere Häuser wind- und wetterfest macht. Das sind nicht nur das namensgebende Hausdach, sondern auch Fassade, Wände, Fenster und Abdichtungen. Schon seit dem Mittelalter muss der Dachdecker ein Experte in Sachen Materialkunde sein. Allein die Dachdeckung kann – je nach Kundenwunsch oder Gebäudealter – aus Schiefer, Schindeln, Ziegeln, Dachplatten, Glas, Dachsteinen oder Metall bestehen. Je nach Umgebung sind auch Dachbegrünungen oder Reetdächer möglich.
Die Materialkunde kommt Dachdeckern wie Pierre Hoffbauer auch bei der Arbeit an historischen Gebäuden zugute. Bei diesem Einsatz am Schloss Neuenburg in Freyburg/Unstrut etwa hat ASDACH historische Biberschwanzziegel verwendet, um die bisherige Erscheinung des Gebäudes beizubehalten. Altbausanierung ist für Dachdecker ein heikles, aber auch ein besonders interessantes Thema. Hoffbauer verweist auf die „besondere Rolle“ des Denkmalschutzes bei solchen Aufgaben. Die Arbeit nach den Vorgaben des Denkmalschutzes erhöhe die Kosten bei einer Sanierung, erklärt er, sie erfordere aber auch besonderes handwerkliches Geschick. Aufgrund des hohen technischen Anspruchs, aber auch aufgrund der emotionalen Bedeutung von Baudenkmälern in der Bevölkerung gehört die Altbausanierung zu den ergiebigsten Aufgaben von ASDACH. Bei Projekten wie dem Bismarckturm in Weißenfels, welcher nur mithilfe von Anwohnerspenden saniert werden konnte, freut sich jeder Dachdecker über seinen Beitrag zum Bürgerengagement.
Allerdings beschäftigt sich ein Dachdecker bei weitem nicht nur mit verfallenen Altbauten. „Mit der Solartechnik ist ein sehr interessanter Bereich zu den bisherigen Aufgabengebieten eines Dachdeckers dazugekommen“, sagt Dachdeckermeister Hoffbauer. Insgesamt ist der Umweltschutz ein zunehmend wichtiger Tätigkeitsbereich für den Dachdecker. Es geht nicht mehr nur darum, Energie durch Wärmedämmung einzusparen, sondern auch darum, sie mit Photovoltaik und Solarthermie zu gewinnen. Nicht zuletzt deswegen ist der Beruf des Dachdeckers zukunftsorientiert.
Ausbildung und Zukunft
Die Ausbildung zum Dachdecker verläuft heute nicht viel anders als bei Pierre Hoffbauer. Nach drei Jahren dualer Ausbildung in einem Handwerksbetrieb und in der Berufsschule kann man sich der freien Wirtschaft stellen. Bei abgeschlossener Meisterprüfung steht Dachdeckern auch der berufliche Aufstieg bis hin zur Selbstständigkeit offen. Vorraussetzungen für die Bewerber sind hauptsächlich eine gute körperliche Verfassung und eine gewisse Höhentauglichkeit. Die Inhalte erstrecken sich von der Materialkunde bis hin zum Umgang mit Plänen und Statik. Auch sozial kompetent sollten die Azubis in einem Dachdeckerbetrieb sein: Absprachen mit Kunden, Architekten und dem eigenen Team gehören zum Berufsalltag.
Anders als im Büro oder im Studium erlebt man als Dachdeckermeister ständig kleine Erfolge. „Als Dachdecker kann man täglich sehen, was man geleistet hat“, erläutert Hoffbauer die Vorteile seines Jobs. Dass bei einer solchen anspruchsvollen Tätigkeit mitunter auch Probleme auftreten, ist selbstverständlich. Die Überwindung solcher Krisen gibt Pierre Hoffbauer aber auch Selbstvertrauen: „Es gibt viele Projekte, auf die ich persönlich stolz bin. Wenn man die Schwierigkeiten, die sich bei jedem Projekt ergeben, löst, dann kann man auch stolz auf seine Arbeit sein. Projekte wie das Audimax der Universität oder das Gewandhaus in Leipzig haben da schon einen hohen Stellenwert.“ Welcher Leipziger würde da widersprechen?
Bild: Andreas Cappell / flickr.com/photos/cappellmeister/
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Ich finde Dachdecker ist ein wunderbarer Beruf. Wie auch als Fliesenleger oder Verputzer kann man den tägichen Fortschritt sehen.
Wenn ich keine Höhenangst hätte, wäre ich selber gerne Dachdecker geworden.